Ein Wochenende in der Vergangenheit

Ein Wochenende in der Vergangenheit

geschrieben am 27.06.2020 von Carola Schmidt


Allzulang ließen die Recken und Frowen der bunten Schar der Bickesheimer Spiegelfechter nichts mehr von sich verlauten, wie schon mit Trauer vermerket wurde. Und so manch ein Zeitgenosse argwöhnte gar, wir seien endgültig abgetauchet ins finstere Mittelalter.
Wahrlich: Gar traurige Zîten sind es, wenn die Pestilenz ihren muffigen Odem über das Land ergießet. Das lustige Treyben der Märkte schweyget und der Gesang der Troubadure ist gar selten nur noch zu vernehmen. Doch freut Euch und jubilieret: Noch ist unser Verein zahlreich und voller Lebenswonnen. So reisten wir zum ersten Wochenende des Herbsting (= September) zurück in jene Zîten als das Reisen noch gar beschwerlich ward. Zu lagern nach mittelalterlicher Manier auf freiem Felde des Festplatzes in Bietje war unser Ziel. Die ersten wackeren Gesellen versammelten sich am Frîatag, zu richten das Lager für unsere muntere Schar. Das Gemeinschaftszelte und der Grill waren von Motten- und Mäuseplage verschonet geblieben und konnten an nämlicher Statt errichtet werden. Darumherum gruppierten sich die Heimstätten derer, die auch des Nachts nicht wieder zurück in die Gegenwart entschwinden wollten. Bis zu später Stunde saßen wir dorten zusammen um das Lagerfeuer und tauschten die neueste Kunde aus.

Am Sambaztac schließlich schauten nacheinander fast alle Gesellen unserer bunten Kumpanei vorbei: Frouwen wie Mannen, Kindeleyn genauso wie gestandene Gevattern und edle Damen tummelten sich auf unserer kleinen Lagerey.
Zum allseitigen Plaîsir schien vom azurnen Himmel gar wonniglich die Sonne. Dies brachte Leben in die muntere Schar und die stolzen Recken nutzten die Gunst der Stunde sich in der Kunst des Schwertfechtens zu ertüchtigen.

Derweil wurde unter der gestrengen Aufsicht unseres werten Koches Gemüse und Fleisch zubereitet, auf dass es zur Atzung der Teilnehmenden gereiche. Meister Alex bereitete daraus einmal mehr ein Mahl, das auch verwöhnte Gaumen zufrieden stellte.
Der absolute Höhepunkt des Tages war jedoch ohne Zweyfel, als der stolze Recke Marius um die Hand der liebreizenden Maid Monique freite. Das holde Frowelein erhörte sein Buhlen und das Verlöbnis waret mit freudigem Jubel besiegelt.
Am Sunnûntag schließlich fand der kurzweylige Ausflug in vergangene Zîten schon wieder sein Ende. Nach einem ausführlichen, geselligen Morgenmahle hieß es Abbauen und Einpacken. Doch noch lange nachdem der letzte Zeltpfosten verstauet war, standen wir in traulichem Gespräche beieinander und mochten so gar nicht voneinander scheiden.
Einzig die Aussicht, gar balde wieder zueinander zu kommen, um zu besichtigen, die Stätte, wo die modisch stinkenden Kutschen präsentieret werden, genannet das „Unimog-Museum“, machte uns den Abschiedsschmerz ein wenig leichter.